Schon seit Jahren fordern bestimmte politische Gruppierungen und Verbände einen komplett kostenfreien Nahverkehr. Auf den ersten Blick hört sich diese Idee zugegebenermaßen etwas weit hergeholt an. Aber auf den zweiten Blick haben die Fürsprecher interessante Argumente. Sollte dies umgesetzt werden, bieten sich auch hier in der Zukunft interessante Chancen für das Wachstum des öffentlichen Verkehrs.
Argumente für den kostenfreien öffentlichen Verkehr
Befürworter des kostenfreien Nahverkehrs argumentieren zum Beispiel damit, dass komplexe Ticket- und Tarifsysteme wegfallen. Die Verwaltung der Ticketeinnahmen und die Wartung der entsprechenden Systeme wie Webseiten und Automaten generiert bei den Anbietern des öffentlichen Verkehrs hohe Kosten. Die für die Ticketverwaltung nötigen Kosten für Computersysteme und die Lohnkosten für die mit der Wartung der Systeme betrauten Personen sind hoch und fressen einen Teil der durch den Ticketverkauf erzielten Einnahmen wieder auf. Diese hohen Kosten könnten bei einem kostenfreien öffentlichen Verkehr eingespart und stattdessen in die Weiterentwicklung der Angebote gesteckt werden.
Ein weiteres Argument ist, dass der öffentliche Personenverkehr ohnehin vom Staat bezuschusst werden muss. Während der öffentliche Verkehr in Ballungsregionen etwa zur Hälfte von den Benutzern bezahlt wird, müssen die Verbindungen in ländlichen Regionen größtenteils von staatlichen Stellen bezahlt werden. Ein kostenfreier öffentlicher Verkehr würde außerdem ärmeren Menschen erlauben, sich die nötige Mobilität leisten zu können. Sie hätten zum Beispiel die Möglichkeit, sich einen weiter entfernten Arbeitsplatz zu suchen ohne gleich unverhältnismäßig hohe Mobilitätskosten zu haben.
Außerdem wird auch mit ökologischen Gesichtspunkten argumentiert. Eine Verlagerung des Verkehrsaufkommens weg vom Individualverkehr hin zum öffentlichen Verkehr ist gut für die Umwelt.
Die wegfallenden Ticketeinnahmen müssen logischerweise anderweitig wieder finanziert werden. Hier sind eine zusätzliche Steuer für alle Bürger oder eine besondere Abgabe im Gespräch. Ein kostenloser öffentlicher Verkehr bedeutet natürlich auch, dass er von deutlich mehr Menschen genutzt wird. Dies zieht wiederum hohe Investitionskosten für die Betreiber nach sich.
Ein Beispiel ist die belgische Stadt Hasselt. Seit 1997 war die Benutzung aller öffentlicher Verkehrsmittel in der Stadt kostenlos. Aufgrund von steigenden Investitionskosten wurde 2012 eine Gebühr von 50 Cent pro Fahrt eingeführt.